Henri Grethen und die Räuber

Henri Grethen und die Räuber

Henri Grethen und die Räuber

Henri Grethen und die Räuber

Frustrierend muss es allemal sein, wenn ein Ex-Minister, Ex-Fraktionschef und derzeitiges Mitglied des europäischen Rechnungshofes monatelang auf ein Unbedenklichkeitszeugnis der Europäischen Zentralbank (EZB) warten muss um Vorsitzender des Verwaltungsrates der Sparkasse zu werden. Dabei wurde er – zugegeben im Rahmen eines nicht sehr eleganten Postengeschacher – von der Regierung für diesen Posten vorgeschlagen und keiner, weder Freund noch Feind, will die Kompetenz von Henri Grethen in Wirtschafts- oder Finanzpolitik– ob mit oder ohne Diplom – in Frage stellen.

Der Betroffene wird meine Meinung nicht teilen, wenn ich behaupte, dass es zudem unmoralisch ja sogar pervers  ist, dass  ein Gremium über ihn entscheiden soll, dessen Mitglieder alle gefängnisreif sind und laut Gesetzbuch schon lange im Visier einer Staatsanwaltschaft stehen müssten. Dies mag hart klingen, beruht jedoch auf folgender Überlegung. Wenn wir lieber Leser, uns zusammen mit einigen anderen  verabreden würden, eine Reihe von Mitbürger zu bestehlen, würde sich die Staatsanwaltschaft einschalten und uns wegen Zugehörigkeit zu einer kriminellen Vereinigung und die in diesem Rahmen  verübten Vergehen belangen. Nicht so bei den Zentralbanker, obschon ihr erklärtes Ziel darin besteht jedem Einzelnen der 340 Millionen Bürger der Eurozone jedes Jahr 2 Prozent ihres Geldvermögens zu entwenden. Gemessen an dem Umfang der Beute sind dagegen  Bankräuber eher Chorknaben.

Mit einem Inflationsziel von 2 Prozent tun die Zentralbanken jedoch nichts anderes, als jedem von uns jährlich 2 Prozent Kaufkraft zu entziehen. Auch wenn sie uns derzeit glauben lassen, dass sie ihr Ziel derzeit nicht erreichen, entwenden sie uns viel mehr und zwar durch eine völlig unverantwortliche Geldmengenvermehrung, welche unausweichlich zu einer Hyperinflation oder einer Währungsreform (Teil- oder Totalenteignung unseres Geldvermögens) führen wird.

Inflation wird im klassischen Sinne als Aufblähen (lat.inflare) der Geldmenge definiert. Der darauffolgende Preisanstieg von Konsum oder Investitionsgüter ist nur die Konsequenz dieser Geldvermehrung. Sie wirkt sich nur nicht gleichmäßig aus. So kann es sein, dass -  wie derzeit beobachtet - die Konsumgüter weniger steigen, dafür aber andere Güter oder Anlegeformen stärker. Dies führt dann zu den sogn. Blasen sei es auf dem Aktien- oder dem Immobilienmarkt.

Jedenfalls kann das Preisniveau ohne Ausweitung der Geldmenge nicht steigen. Was die Preise insgesamt nach oben treibt, ist stets die monetäre Inflation, die Steigerung des Geldangebots durch Gelddrucken und Ausweitung der Kreditmenge.

Die dem ungedeckten Papiergeld systemimmanente Inflation und Teuerung  bewirkt auch eine Vergrößerung der Schere zwischen Arm und Reich. Die zur Geldvermehrung  betriebene Niedrigzinspolitik verbilligt den Kapitaleinsatz gegenüber dem Faktor Arbeit und lässt die Vermögensgüter steigen, während Geringverdiener und Rentner sich dem Kaufkraftverlust weniger entziehen können.

Es besteht Handlungsbedarf, weniger für die Staatsanwaltschaft als für die Politik.

Geschehen wird nichts, weil anscheinend niemand ehrliches Geld will. Alle wollen das „easy money“. Die Politiker, weil  sie mit dem beliebig erzeugbaren Falschgeld Macht und Stimmen kaufen können; die Banker, weil sie nur mit „fiat money“ tausendfach aufgeblasene Geldsummen zinslich verleihen können: die Schuldner, weil sie hoffen,  ihre Schulden mit entwertetem Papiergeld zurückzahlen zu können, die Geschäftsleute, weil sie Kunden wollen, die mit Geld um sich werfen; die Investoren, weil sie glauben, dass Inflation ihre Vermögenswerte überdimensional anschwellen lässt; die Ökonomen, weil  sie sich mit ihren geld- und zinspolitischen Rezepturen als Makro-Klempner, als Wachstumszauberer und Gesellschaftsingenieure aufspielen können; und die Wähler, weil sie glauben, mit leichtem Geld ein größeres Stück vom staatlichen Umverteilungskuchen zu ergattern. Sie alle wissen nicht was sie tun- oder wollen es nicht wissen.*

Die langfristigen vielleicht auch bloß die mittelfristigen Aussichten sind daher nicht so rosig oder wie es  Roland Baader formulierte: Was wir in den letzten Jahrzehnten im papierenen Kreditrausch vorausgefressen haben, werden wir in den nächsten Jahrzehnten nachhungern müssen.

Claude A. Hemmer

Vgl: Roland Baader: Falsche Theorien führen in die Katastrophe, in Smart Investor 7/2009

Claude Hemmer

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